Potenzial und Paradox der Wissenschaftsdiplomatie

Für die Wissenschaftsdiplomatie gibt es keine anerkannte Definition. Das Konzept versucht, zwei entgegen-gesetzten Geboten gerecht zu werden: der Lösung gemeinsamer Herausforderungen und der Förderung nationaler Interessen. Diese Spannung ist nicht lösbar. Aus diesem Grund ist und bleibt die Wissenschaftsdiplomatie ein umstrittenes und dynamisches Konzept, argumentiert CSS Forscher Leo Eigner in dieser Ausgabe der CSS Analysen zur Sicherheitspolitik.

von Giuliano Catalano
ISS Besatzungsmitglieder
Die Besatzungsmitglieder der ISS Andrew Morgan (NASA), Alexander Skvortsov (Roscosmos) und Luca Parmitano (Europäische Weltraumorganisation) in Russland im Juni 2019. Evgenia Novozhenina / Reuters

In den letzten zwei Jahrzehnten entstand mit der «Wissenschaftsdiplomatie» ein neues politisches Konzept, das Wissenschaft und Technologie (W+T) und internationale Beziehungen (IB) vereint. Staaten wie die USA, das Vereinigte Königreich, Japan oder die Schweiz, sowie wissenschaftliche Einrichtungen wie die American Association for the Advancement of Science (AAAS) greifen bei der Gestaltung der Politik auf dieses Konzept zurück. Inzwischen haben BefürworterInnen und Praktizierende die Erklärung zur Wissenschaftsdiplomatie von Madrid (2019) und Wien (2021) unterzeichnet. Think Tanks und Hochschuleinrichtungen bieten zudem Lehrveranstaltungen über die Wissenschaftsdiplomatie an, die sich zu einer eigenständigen Teildisziplin entwickelt hat.

Trotz dieses steigenden Interesses gibt es keine anerkannte Definition der Wissenschaftsdiplomatie. Allgemein handelt es sich um den Versuch, die Schnittstellen zwischen Wissenschaft und Politik, hauptsächlich auf internationaler Ebene, zu verstehen. Genauer gesagt bezieht sich die Wissenschaftsdiplomatie auf verschiedene Praktiken, die W+T zu nutzen, zu erschliessen oder zu instrumentalisieren, um politische Ziele voranzutreiben. Dies umfasst ein breites Spektrum an Aktivitäten, wie die Förderung der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit, die Einbeziehung wissenschaftlicher Beratung in die Politik oder die Stärkung von Forschung und Entwicklung. Sie vereint auch unterschiedliche Akteure, darunter Staaten, wissenschaftliche Institutionen, NGOs, Unternehmen und ForscherInnen. Die vielfältigen Aktivitäten, die diese Akteure mit dem Begriff verbinden, prägen deren Bedeutung, sodass die «Wissenschaftsdiplomatie» ein Sammelbegriff geworden ist.

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