Beziehungen Pjöngjangs zu Moskau und Peking
Ein immer stärkeres atomares Nordkorea wächst anscheinend enger mit Russland und China zusammen. Obwohl es gemeinsame Interessen zwischen den drei Staaten gibt, hat ihre Partnerschaft Grenzen. Das wiederum führt zu der Gefahr, den Umfang ihrer Abstimmung und Zusammenarbeit zu überschätzen. Dennoch sind die Sicherheitsbedrohungen, die sich aus diesen sich entwickelnden Beziehungen ergeben, von zunehmender Bedeutung und haben Auswirkungen nicht nur auf Nordostasien, sondern auch auf Europa.
Im April 2024 stimmte Russland gegen die Verlängerung des Mandats des UN-Expertengremiums, das die internationale Einhaltung der Sanktionen überwachte, die in den letzten 14 Jahren gegen Nordkorea verhängt wurden. Zwar bleiben die Sanktionen, die aufgrund mehrerer Resolutionen des UN-Sicherheitsrats verhängt wurden, bestehen, doch wird ihre Durchsetzung nun noch schwieriger. Das gibt Pjöngjang weiteren Raum, um die Entwicklung seiner Atomwaffen und ballistischen Raketen voranzutreiben. Da Russland mittlerweile ballistische Raketen aus Nordkorea in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine verwendet, ist das Veto für viele Beobachter keine Überraschung. Es folgt auch auf ein Gipfeltreffen zwischen dem nordkoreanischen Führer Kim Jongun und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin im September 2023, das eine engere Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten erahnen liess. China seinerseits hat sich bei der Abstimmung über das Expertengremium enthalten, nachdem es 2022 zusammen mit Russland ein Veto gegen die Verhängung weiterer Sanktionen gegen Nordkorea im Anschluss an Tests ballistischer Raketen eingelegt hatte.
Chinas und Russlands scheinbares Desinteresse an einer weiteren Einschränkung des nordkoreanischen Atomprogramms unterstreicht eine aufkommende Abstimmung der Interessen zwischen den drei Staaten. Darüber hinaus untergräbt es direkt die bisherigen Bemühungen, eine Verbreitung von Atomwaffen in der Region zu verhindern. Seit dem Scheitern der diplomatischen Bemühungen der USA, die atomaren Fähigkeiten Nordkoreas auf dem Gipfeltreffen in Hanoi im Februar 2019 zu begrenzen, hat Kim Jong-un bedeutende Anstrengungen unternommen, um das Arsenal an Atomwaffen und ballistischen Raketen weiterzuentwickeln, zu moderniren und zu diversifizieren. Ausserdem hat er das langjährige Ziel, die Beziehungen zu den USA zu normalisieren, zugunsten einer engeren strategischen Ausrichtung an Russland und China zurückgestellt.
Daraufhin hat die Biden-Administration einen starken Fokus auf die Beziehungen zu den Verbündeten in der Region wie Südkorea und Japan gelegt. Das schliesst die Ausweitung atomarer Abschreckungsmechanismen und die Ermunterung der Alliierten, ihre konventionelle Verteidigung zu stärken, mit ein. Durch diese Entwicklungen rückt die koreanische Halbinsel erneut ins Zentrum eskalierender geostrategischer Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und seinen Verbündeten auf der einen und der gestärkten Partnerschaft zwischen Russland, China und Nordkorea auf der anderen Seite. Trotzdem ist noch immer unklar, was die Qualität und der Umfang der verstärkten Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen den drei Ländern konkret bedeuten. Unterschiede bei der Intensität der einzelnen bilateralen Beziehungen und bei der Frage, wie stark sie sich gegenseitig beeinflussen, lassen davor warnen, die Auswirkung dieser entstehenden trilateralen Partnerschaft zu überschätzen. Diese Analyse wird die Auswirkungen der Entwicklungen des nordkoreanischen Atomprogramms sowie der sich verändernden Beziehungen zu Moskau und Peking auf die internationale Sicherheit und die globalen Bemühungen zu Nichtverbreitung untersuchen.
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Die Autorin:
Névine Schepers ist Teamleiterin und Senior Researcher im Swiss and Euro-Atlantic Security Team am Center for Security Studies (CSS) der ETH Zürich. Sie ist auch Mitherausgeberin der monatlichen Reihe CSS Analysen zur Sicherheitspolitik.