ETH Tagung: «Weltpolitische Lage 2022»

ETH

Am 13. Mai 2022 lud das Center for Security Studies (CSS) der ETH Zürich, anlässlich der Veröffentlichung der CSS-Jahrespublikation «Strategic Trends 2022», zur ETH Tagung «Weltpolitische Lage 2022» ein.

In den «Strategic Trends» analysieren CSS Mitarbeitende zentrale weltpolitische Entwicklungen mit einem sicherheitspolitischen Fokus. In diesem Jahr liegen die Schwerpunkte auf den China-Russland-Beziehungen und der Sicherheit in Asien, Hyperschall-Technologie im Grossmächte-Wettbewerb, transatlantischer Sicherheit und der Zukunft der nuklearen Rüstungskontrolle sowie dem Indopazifik und sicherheitsgetriebenem Regionalismus in Asien.

 

Eröffnungsrede von Oliver Thränert, Leiter des Think Tank

«Wie immer die russische Invasion in der Ukraine enden mag: Die Konkurrenz zwischen den USA und Europa einerseits und Russland und China andererseits wird die internationalen Beziehungen in den kommenden Jahren bestimmen. Zugleich findet die Dynamik dieser Staatenbeziehungen um Macht und Einfluss in einem sich immer rascher wandelnden technologischen Umfeld statt. Auch wenn die Fähigkeiten neuer Waffensysteme nicht überschätzt werden sollten, drohen neue Instabilitäten, die durch kooperative Politikansätze wie Rüstungskontrollmassnahmen vermutlich nur schwer eingefangen werden können. Dies hat zum einen mit der Intensität der Mächtekonkurrenz, zum anderen aber auch mit der Geschwindigkeit und der Diversität der technologischen Entwicklungen zu tun.

Am Vorabend des russischen Ukraine-Feldzuges versprachen sich die Präsidenten Russlands und Chinas, Wladimir Putin und Xi Jinping, grenzenlose Freundschaft. Sollte sich die Tendenz hin zu einer immer engeren russisch-chinesischen Beziehung bestätigen, wird eine langanhaltende Blockbildung zwischen Autokratien und Diktaturen einerseits und Demokratien andererseits wahrscheinlicher. Die daraus resultierenden Konfliktkonstellationen werden nicht nur in Europa prägend sein, sondern auch in Asien, dessen Gewicht in der internationalen Arena aufgrund seines wirtschaftlichen Aufstiegs immer mehr zunimmt. Ausdruck dessen ist die Konzeption eines vor allem von den USA vorangetriebenen «Indo-Pazifik», der im Wesentlichen auf sicherheitspolitischen Motiven basiert und das Ziel verfolgt, China auszuschliessen oder gar einzudämmen.

Militärische Auseinandersetzungen mit Atommächten, selbst wenn sie konventionell bleiben, finden immer im «langen nuklearen Schatten» statt. Putins nukleare Drohungen vor und während seiner Ukraine-Invasion bestätigen dies. Insofern sind die USA und ihre transatlantischen Partner gefordert, Initiativen für effektive nukleare Risikoreduzierungen zu ergreifen. Zugleich gilt es, die Glaubwürdigkeit der Abschreckung zu stärken. Europa muss zu beidem substantielle Beiträge leisten: Zur westlichen Selbstbehauptung wie auch zu kooperativen Sicherheitselementen, soweit sie mit den Autokratien Russland und China möglich sind.»

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