Zentralasien in einer Ära rivalisierender Grossmächte
China hat die Möglichkeit, seinen Einfluss in Zentralasien signifikant auszubauen, wie ein Gipfeltreffen mit den Staatschefs dieser Region kürzlich zeigte. Für die zentralasiatischen Länder liegen darin sowohl Chancen als auch Herausforderungen, müssen sie doch mit den Folgen der Grossmachtrivalität in ihrer Region umgehen, argumentiert CSS Forscher Brian Carlson in dieser Auflage der CSS Analysen zur Sicherheitspolitik.
Die jüngsten Ereignisse im Verhältnis der Grossmächte, darunter der US-Rückzug aus Afghanistan und Russlands stockender Krieg in der Ukraine, haben einer massiven Ausweitung von Chinas Einfluss in Zentralasien die Tür geöffnet. Dieses Potenzial zeigte sich am China Zentralasien-Gipfel im chinesischen Xi’an vom 18. und 19. Mai. China sicherte dabei neue Entwicklungshilfen von 3,6 Milliarden USD sowie Kooperation in regionalen Sicherheitsfragen zu. Das Engagement Chinas schafft für Staaten dieser Region sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Zwar begrüsst man chinesische Investitionen und Wirtschaftshilfe, ist aber besorgt über den zunehmenden Einfluss Chinas.
Fünf Länder, die als unabhängige Staaten aus dem Zerfall der Sowjetunion hervorgegangen waren – Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan – bilden den Kern Zentralasiens. Für Europa und den Westen spielt diese Region bei Themen wie Energie und der infrastrukturellen Anbindung Eurasiens eine wichtige Rolle. Die zentralasiatischen Länder verfolgen traditionell eine sogenannte «multivektorale» Aussenpolitik, um die eigene Souveränität durch ausgewogene Beziehungen zu allen Mächten zu stärken. In dem Mass, wie sich die Grossmächterivalität auf der globalen Ebene intensiviert, werden solche Bemühungen zunehmend zur Herausforderung.