Für Cyberrisiken gerüstet sein
Bundesrat Guy Parmelin hat bei seinem Besuch an der ETH in einer öffentlichen Rede unter anderem die Bedeutung des Aufbaus einer Einheit gegen Angriffe aus dem Cyberspace betont. Um das zu erreichen, zählt der Bundesrat auf die Unterstützung der ETH - und vor allem auch auf Absolventinnen und Absolventen der Hochschule.
«Zwischen dem Verteidigungsbereich des Bundes und der Hochschule bestehen seit Jahrzehnten enge Beziehungen», sagte ETH-Präsident Lino Guzzella in seiner Begrüssung des Magistraten im Audimax. Dabei arbeitet die Hochschule vor allem über zwei Kompetenzzentren mit dem VBS zusammen: Einerseits unterstützt das ETH Center for Security Studies die Sicherheitspolitik der Schweiz mit seinen sozioökonomischen und politologischen Kompetenzen. Andererseits verfügt die ETH mit dem ZISC, dem Zurich Information Security & Privacy Center mit seiner klar technischen Orientierung über ein Zentrum, das gemeinsam mit der Industrie und dem Bund Lösungen für die wachsenden Herausforderungen bei der Informationssicherheit entwickelt. «Und nicht zuletzt», so Lino Guzzella, «ist die an der ETH Zürich beheimatete Militärakademie MILAK ein starkes Band zwischen der ETH und dem Sicherheitsbereich des Bundes.»
Das Thema Sicherheit habe in letzter Zeit an Bedeutung gewonnen, denn «die Weltlage hat sich verdüstert», sagte Guy Parmelin. «Terroranschläge in europäischen Städten, Krieg und Staatszerfall von Nordafrika bis in den Nahen Osten, Krieg in der Ukraine, die Allgegenwart von Cyber-Angriffen – all das betrifft auch die Schweiz und ihre Bevölkerung.» Bestätigt wird dieser Eindruck durch den aktuellen Sicherheitspolitischen Bericht des Bundes, der Parlament und Regierung die Leitlinien vorgibt. Entsprechend sei in der Schweizer Sicherheitspolitik vieles in Bewegung, so der Bundesrat.
Mehr Kräfte für die Cyber-Abwehr
So wird die Armee wird ab 2018 auf mehr Flexibilität und raschere Einsetzbarkeit getrimmt. Der Nachrichtendienst bekommt neue Mittel und Kompetenzen, um auf neue Bedrohungen zu reagieren. Und «viel Bewegung gibt es auch im Bereich Cyberrisiken», so der VBS-Chef. Die Möglichkeiten zum Missbrauch im Cyberbereichs seien viel grösser als noch vor ein paar Jahren angenommen. «Heute ist alles so stark vernetzt, dass Sie mit wenig Aufwand grossen Schaden anrichten können, und das erst noch mit guten Chancen, nicht erkannt zu werden». Eine äusserst fachmännisch ausgeführte Attacke auf einen Betrieb des Bundes hätte zu Beginn seiner Amtszeit als Verteidigungsminister manchen die Augen geöffnet. Konkret plant Parmelin bis 2020 einen Aufbau von Cyber-Abwehr-Kapazitäten in Armee und Nachrichtendienst um rund 100 Spezialistinnen und Spezialisten.
Cyber-Attacken würden bekanntlich vor keinerlei Grenzen haltmachen. Umso wichtiger sei hier für die Schweiz die internationale Kooperation, hielt der Bundesrat fest. Er habe in seiner bisherigen Amtszeit die Erfahrung gemacht, dass viele Staaten ebenfalls vor der Fragestellung stehen, wie sie mit der omnipräsenten Cyberbedrohung umgehen sollen. Hier gelte es voneinander zu lernen. Ganz wichtig sei für ihn beim Aufbau von Know-how die Partnerschaft mit der ETH Zürich und Möglichkeit, an der ETH ausgebildete Fachkräfte zu rekrutieren.
Talente besser einbinden
In der anschliessenden Fragerunde wiesen namentlich junge Forschende und Studierende darauf hin, dass die Armee angesichts der grossen Nachfrage nach Know-how vermehrt Talentmanagement betreiben sollte. Dem stimmte der Referent vollumfänglich zu. Die Armee sei im Rahmen ihrer Reform jetzt auch dabei, Wege zu suchen, um das Informatikwissen von Armeeangehörigen besser und flexibler zu nutzen. Die Armee stehe dabei jedoch in Konkurrenz mit starken und attraktiven Unternehmen wie Google, die jedes Jahr zahlreiche Hochschulabsolventinnen und -absolventen absorbieren, sagte Bundesrat Parmelin. «Wir arbeiten daran, die Motivation zu fördern, dass in der Cyberabwehr eine wichtige und spannende Aufgabe liegt. Das braucht aber etwas Zeit. Doch heute sind die Voraussetzungen günstig, um die Dinge in die richtige Richtung zu bewegen.»
Text von Norbert Staub