
Nukleare Abschreckung in Europa: Aktuelle Debatten
Die Verschärfung der transatlantischen Beziehungskrise hat die Debatte darüber neu entfacht, wie die nukleare Abschreckung in Europa ohne glaubwürdige Sicherheitsgarantien der USA gestärkt werden kann. Konkrete Alternativen gibt es nicht. In ihrer CSS Analyse betont Névine Schepers dass ein verstärkter strategischer Dialog und die Zusammenarbeit mit willigen europäischen Verbündeten langfristig zu mehr Sicherheit und weiteren Anpassungen von Nukleardoktrin und Einsatzkontingenten führen dürfte.
In nur wenigen Wochen hat US-Präsident Donald Trump die transatlantischen Beziehungen auf den Kopf gestellt. Er verhandelte mit Russland ohne Einbezug der Ukraine oder der europäischen Politik, machte sich das russische Kriegsnarrativ zu eigen und drohte Europa offen mit einem Wirtschaftskrieg. Ein Abzug von US Truppen oder Atomwaffen aus Europa steht zwar noch nicht zur Disposition, kann aber auch nicht mehr ausgeschlossen werden. Dies verleiht europäischen Forderungen nach einer grösseren Verteidigungsautonomie auch im Hinblick auf nukleare Abschreckung eine neue Dringlichkeit.
«Ein verstärkter Dialog hinschtlich engerer Zusammenarbeit unter europäischen Verbündeten könnte zu einer gewissen Beruhigung führen.»Névine Schepers
Die Äusserungen des voraussichtlich nächsten deutschen Bundeskanzlers Friedrich Merz Ende Februar, in denen er die Unterstützung der USA im Rahmen der NATO offen in Frage stellte und Gespräche mit Frankreich und dem Vereinigten Königreich über die nukleare Sicherheit forderte, zeigen deutlich, dass in Europa ein Umdenken stattgefunden hat.
Névine Schepers betont, dass ein verstärkter strategischer Dialog mit willigen europäischen Verbündeten für die Sicherheit zentral ist. Zudem seien europäischen Staaten, namentlich Frankreich und das Vereinigte Königreich, gefordert, die Grundsätze der nuklearen Nonproliferation aufrechtzuerhalten und auch bei Massnahmen zur nuklearen Aufrüstung – so sie denn umgesetzt werden – dafür zu sorgen, dass die Rüstungskontrolle weiterhin eine Option bleibt. Es muss zwingend eine Einschätzung vorgenommen werden, welche negativen Folgen eine Anpassung der europäischen nuklearen Abschreckung haben würde, einschliesslich der zu erwartenden Reaktion Russlands darauf.
«Mehr Atomwaffen machen die Welt nicht sicherer – sie wird durch das Risiko ihres absichtlichen oder unabsichtlichen Einsatzes aber gefährlicher.»Névine Schepers
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